Letzten Herbst verbrachte ich ein paar Tage in Aix-en-Provence. Einen positiven Eindruck hatte diese Stadt schon bei zwei Besuchen als Jugendliche hinterlassen. So freute ich mich sehr, einmal wieder die Lebendigkeit dieses südfranzösischen Ortes spüren zu können. Es machte große Freude durch die engen Gassen und über die Märkte zu schlendern, sich in kleinen Läden umzusehen und Kunst und Kultur zu entdecken. Ich genoss zum Beispiel die Gelegenheit, mir im Pavillon Noir eine Generalprobe ansehen zu dürfen. Mein persönliches Kunsthighlight jedoch fand ich neben dem ehemaligen Atelier von Cézanne in einer Art Gartenhäuschen. Dort waren Arbeiten von Kunststudenten-ich meine es waren Absolventen der Kunsthochschule von Aix-zu sehen. Neben einer Audioarbeit überzogen unzählige Schwarz/Weiß-Fotografien zwei Wände des kleinen Raumes. Nicht nur, dass sie wunderschön präsentiert wurden, sie schlugen durch die alltäglichen, aus dem Moment gegriffenen Motive sofort eine Brücke zum Betrachter. Die einzelnen Bilder wirkten unspektakulär und schienen einfach ein kurzer, aber bewusster Eindruck im sich schnell verändernden Alltag zu sein. Wenn man aber die Gesamtheit der Bilder betrachtete, fielen einem immer wiederkehrende bzw. ähnliche Situationen, dieselben Menschen und Orte als Motive auf und allein die Menge an solchen Bildern vermochte es, auf eine gewisse Bedeutsamkeit jeder einzelnen Aufnahme zu verweisen…
Wenn ich den Text der Künstlerin Arina Essipowitsch zu ihrer Ausstellung richtig übersetzt und verstanden habe, geht es ihr nicht um eine Dokumentation von Geschichten in einzelnen Bildern, sondern vielmehr darum, Möglichkeiten zu finden, um Verbindungen (zwischen Bildern) herzustellen. Dabei legt sie besonderen Wert darauf, den Begriff “Serie” mit Endlosschleife zu ersetzen, wenn es um ihre Arbeiten geht; das impliziert das Wiederaufgreifen alter Themen, wie auch das Überarbeiten oder Zerstören vorangegangener Produktionen.
Zeitgleich mit der Ausstellung im Gartenhaus gab es eine weitere im Pavillon Vendôme zu sehen, bei der auch einige Arbeiten von Essipowitsch gezeigt wurden. Hier konnte man ziemlich unmittelbar spüren, dass die Künstlerin mit ihren Ideen und Arbeiten Wellen schlägt (oder eben Loops kreiert). Die Medien Malerei, Fotografie und Video-so unterschiedlich sie auch waren-verzahnten sich formal und inhaltlich. Und den Ausstellungsraum machte sie zu einem weiteren Element, das sie in ihre Arbeiten mit einbezog und mit dem sie spielte. Für mich, die mich ähnliche Fragestellungen beschäftigen, waren diese zwei Ausstellungen eine sehr geglückte und unglaublich ausdrucksstarke und inspirierende Sichtbarmachung von Ideen!
Und nun, genau ein Jahr später, bin ich wieder hier. Auf einer Bank vor dem Pavillon Vendôme…
Unregelmäßig stärker und schwächer werdendes Rascheln und Rauschen der vertrockneten Herbstblätter im Wind erinnert mich ans Meer – man wünscht sich, diese Kraft bzw. Bewegung aufnehmen zu können, durch die Luft getragen zu werden, mit anderen Blättern fangen zu spielen, zu tanzen und irgendwann in der Dichte der Blätterhaufen Geborgenheit zu finden.
Mal sehen, was dieser Aufenthalt noch bereit hält?